Das ist ein Versuch, den Namen Allaman zu deuten. Allaman ist ein Ort mit Schloss im Kanton Waadt. Fruehere Herleitungen sind ad Lemanum am Genfersee, doch liegt der Ort nicht am See; und Allmende Gemeindeweide, was wenig Sinn hat.
Ich gehe davon aus , dass noerdlich und oestlich dieses Ortes viele Ortsnamen auf ens enden (Zinsli, Paul: Ortsnamen. Frauenfeld, 1975. Taf. III u. Anm.46). Die Endung
-ens wird gemeiniglich als die romanisierte (franzoesische) Form der deutschen Endung -ingen angesehen.. Diese ingen-Ortschaften gehoeren zu den den aeltesten Namenschoepfungen der Alemannen, oder Alamannen. Das will heissen, dass dieses Volk einst bis an den Genfersee vordrang. Auf Zinslis Streuungskarte hat es zwischen der heutigen Sprachgrenze und dem Genfersee eine recht geschlossene Schar von 99 Ortsnamen mit der Endung ens. (Sie sind nicht burgundisch, denn auf eigentlich burgundischem Boden treten sie nicht auf.) Sie bilden ein gut-definiertes Gebiet in Form eines Keils, dessen Spitze den Genfersee beruehrt. Das Gebiet (gelb auf dieser Karte) stellt das suedwestlichste Vordringen des ehemaligen Herzogtums Alemannien dar.
Die
Alemannen kaempften fast
staendig mit den Franken. 746 schlug der Hausmeier
Karlmann den letzten Aufstand der Alemannen
nieder. Das bedeutete
den endgueltigen Untergang des Herzogtums Alemannien. Die alemannische Sprache vermochte sich nicht zu halten
im Raum zwischen
der heutigen Sprachgrenze und dem Genfersee. Franzoesisch erlangte die Oberhand. Aber wenn wir das Zeugnis
der ens Endungen nicht haetten, waere uns die suedliche Umgrenzung des Herzogtums Alemannien im Fruehmittelalter
unklar.
Es ist nun meine These, dass Allaman so genannt wurde, weil es die Pforte zu Alemannien oder Allemagne war. Es lag auf der Grenze zwischen Burgund und Alemannien. Wenn man auf der Landstrasse vom damaligen Burgund herkommend an der Spitze des alemannischen Keiles ueber die Grenze schritt, kam man ins Alemannische. Man muss dabei eher an eine Art Zollkontolle oder Befestigung (das urspruengliche Schloss) als ein blosses Gehoeft denken. Das Burgund stand unter fraenkischer Vorherrschaft.
Dass eine Grenzstation nach dem Land, in das man gelangt, benannt wird, war offenbar ganz im Stil der Zeit, gibt es doch einen parallelen Fall aus derselben Epoche: Der Name des aargauischen Ortes Turgi an der Reuss gibt die mundartliche Aussprache von Thurgau wieder. Bei Turgi war im 8. Jahrhundert eine Faehre zwischen dem fraenkischen Burgund und der alemannischen Grafschaft Thurgau, welche sich damals vom Bodensee bis an die Reuss erstreckte. Turgi und Allaman waren an derselben Grenze, wenn auch etwa 180 km voneinander entfernt.
Wenn Allaman seinen Namen tatsaechlich von Alemannien herleitet, geschah die Namengebung wohl vor 746, denn nachher war die Wirkungskraft des Staatsbegriffs Alemannien beeintraechtigt.
Der Familienname Allaman mit seinen verschiedenen Schreibarten ist nicht vom Ortsnamen Allaman abzuleiten. Vielmehr haben beide einen gemeisamen Ursprung. Einwanderer wurden oft nach ihrer Herkunft benannt. Alemann als Beiname bedeutet also einen Mann aus Alemannien. Alemannen wiederum werden gewoehnlich von Alle Mannen abgeleitet. Was unter dieser Benennung genau zu verstehen ist, ist ungewiss. Im 15. Jahrhundert wurden die Beinamen erbliche Familiennamen.
George Bertschinger